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My communication to society, my statements, perspectives and critique.


Mittwoch, 24. September 2008

Lothar

Weniger Wichtiges bzw. stärker Langweiliges ist kleiner geschrieben. Ich hoffe es ist mir so gelungen, dieses seltsame Thema, denn ich erzähle von einem Menschen mit dem ich arbeite, einigermaßen lesbar zu publizieren.
Seit dem Merkwürdigen habe ich nicht geschlafen, sondern gearbeitet. Das heißt ich hab ein bisschen geschlafen, gerade so viel, dass ich verschlafen habe und eine halbe Stunde zu spät kommen sollte. Ich bereitete mir eine Notlüge vor, denn ich habe es nicht verdient für meinen Mangel an Disziplin, einer Armbanduhr und generell wie immer zurzeit meinem Mangel an Schlaf, den Job zu verlieren. Dazu ist mir das Geld, das ich doch eigentlich hasse, das aber als Mittel zum Zweck zu verstehen ist, zu wichtig. Ich war nicht sonderlich kreativ im lügen, sagte ich hätte eine Panne, Unfall, toten Reifen gehabt. Lothar war mein heutiger Kollege. Bei allen Leuten, die ich dort kennengelernt habe, darunter sind Menschen, bei denen ich froh und dankbar bin sie kennengelernt zu haben, ist er derjenige mit dem ich nicht klarkomme. Mein einziges Vergehen hierbei ist meine chronische Unpünktlichkeit, die sich generell jedoch auf aus meiner Sicht verzeihliche fünf Minuten belaufen und tatsächlich niemals provokant sein sollen und mir selbst ständig in ihrem Ursprung ein Rätsel sind. Man sagt mir ja ab und an, ich sei verplant. Nun, Lothar hatte niemals Verständnis für eine Verspätung gezeigt, seien es zwei oder fünf Minuten. Dabei kann man, abgesehen von dieser peniblen Genauigkeit durchaus guten Willen um ein angenehmes Verhältnis zueinander erkennen, doch solange es keine Geste sondern etwas in Wort gefasstes ist, scheitern seine Bemühungen an Unfähigkeit. So erdreistete er sich in der Hochphase seiner Unbeliebtheit sich in einer missverständlichen Art und Weise, denn ich musste nachfragen, mit meinem Vater zu vergleichen. Ich war überfordert und entsetzt, so etwas hatte ich noch nie gehört.

Ich möchte ihn nun äusserlich beschreiben: Er ist um die 45 Jahre, seine Haare sind ergraut, aber in altersgemäßer Zahl vorhanden. Er trägt einen Dreitagebart und eine Brille. Die Barthaare sind ebenfalls ergraut und die Brille ist mattsilber. Sein Gesicht ist schwammig und neigt dazu in baldiger Zukunft ein Doppelkinn anzusetzen. Seine Figur ist ebenfalls schwammig, er ist ein bisschen fett, ich schätze ihn auf 95 Kilogramm Lebendgewicht bei 185 Zentimetern Körpergröße. Seine Bewegungen sind träge, er hinkt stark, von daher ist seine Gangart eher schleppend und wenig dynamisch, ich vermutete eine Beinprothese, doch dieser Verdacht hat sich nicht bestätigt. Sein rechtes Handgelenk ist bandagiert.

Auf meine Verspätung und meine Notlüge entgegnete er mir dies: "Das ist Pech für dich und das ist Pech für mich."

Ich schließe daraus: Lothar hat keine Kinder und ist alleinstehend. Ich erdreiste mir zu sagen: Er hat ein Alkoholproblem. Sein geringes Selbstbewusstsein und seine schwachen Beine deuten darauf hin. Es fällt ihm schwer großzügig zu sein, Nachlässigkeiten zu verzeihen und aus Situationen das Beste zu machen. Er sieht nur das Schlechte in allem, und das ist tatsächlich so. Er ist überfordert mit sich selbst, es gelingt ihm nicht Abstand zu nehmen und für eine Kleinigkeit zufrieden oder dankbar zu sein. Ich vermute, er fühlt sich seit jeher vom Leben benachteiligt und gekränkt, als hätte man ihm nie Anerkennung und Respekt zukommen lassen und als hätte er nicht den Mut oder sähe nicht die Möglichkeit sich für die missliche Lage seines Lebens selbst verantwortlich zu machen. Er hat den Glauben an das Gute im Leben verloren. Ich denke jedoch er hatte seine Chance und er hat sie immer noch und es ist nicht meine Schuld, dass alles so gelaufen ist. Er scheint mir resigniert und arg lethargisch. Immer wenn ich mich lethargisch fühle, dazu bedarf es zum Beispiel dem Verlust meiner Tasche mit Portemonnaie und Uniskript und allem wichtigem, benutze ich diese Geisteshaltung um mich vor
törenden Einflüssen abzuschotten, mit mir ins Reine zu kommen und mich auf einen Neuanfang vorzubereiten. Ich gebe dieser Lethargie Raum, denn ich halte sie für ein Gefühl, das in diesem Blickwinkel seine Daseinsberechtigung hat.

Zurück zur Notlüge und seinem Kommentar. Ich dachte mir daraufhin "Mein Pech ist dein Pech und dein Pech ist mein Pech...", das erzeugt ein ganz erhebendes und verbindendes Wir-Gefühl, lieber Lothar! Whitney Houston hat das so ähnlich gesungen, wir könnten uns betrunken in den Armen liegen, wärst du nur in der Lage deinen Blickwinkel etwas zu transferieren! Oder, das kam mir auch noch: "Geteiltes Pech ist halbes Pech." So positiv denke ich schon. Ich hatte ja auch keinen Grund mich zu ärgern, denn es war tatsächlich eine Lüge, doch ich konnte sie mir eingestehen, es ist der Joker den ich gezogen habe. Ab jetzt wird alles besser und ich werde mich der Tugend der Könige, der Pünktlichkeit, voll und ganz verschreiben! Oder, ich kanns auch lassen und meinen Mitmenschen weiterhin Geduld und die Fähigkeit Unpünktlichkeit nachzusehen abverlangenn. In der Überzeugung, dass sie keinen Grund haben sich ausgenutzt vorzukommen, würde ihnen das weiterhin zu Gute kommen!

1 Kommentar:

  1. Ich erachte diese "unwichtigen" und kleingeschrieben Details zur Person Lothars nicht als solche, sondern insofern bedeutend, als dass sie ein klares Bild von Lothar und somit von der Situation abgeben.
    Unerhört auch der Vergleich mit deinem Vater! Durch und durch ein unsympathischer Mensch.

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